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Das Lachen der Herbstin

 

 

 

Die FB-Lyrikgruppe Gesamtukrainische Poetische Familie (ВПР - Всеукраїнська поетична родина) existiert ja schon seit 2017. Doch ich bin erst durch meine Lektüre in der Coronazeit auf diese beeindruckende Gemeinschaft ukrainischer Dichterinnen und Dichtern gestoßen. Heute möchte ich Euch endlich mit einer weiteren bedeutenden Persönlichkeit in der Gruppe bekannt machen: Natalia Voytovich stammt aus Polyssia, wird bald 62 Jahre alt und ist von Beruf Lehrerin mit viel pädagogischer Erfahrung. Sie arbeitet als Methodikerin und mit sehr begabten Schülern. Fünf eigene Bücher hat sie bereits.herausgegeben.

 

Sie war an der Gründung der Gruppe Gesamtukrainische Poetische Familie beteiligt und gehört zum Leitungsteam der inzwischen anerkannten gemeinnützigen Organisation. Zusammen mit Oksana Moch, die ich Euch im April 2022 vorstellte, leitete sie die Rubrik "Poetisches Laboratorium", in der sie die eingereichten Gedichte analysierten und den Autoren dabei halfen, ihren Werken den letzten Schliff zu verleihen. Natalia Voytovich war auch der erste Gast des Online-Formats Teplomist (Wärmebrücke), in dem die Verbundenheit weit voneinander entfernter ukrainischer Regionen gepflegt und gefördert wird. Jeweils ein Dichter interviewt darin einen Dichter aus einer anderen Region und gibt ihm Gelegenheit, seine Gedichte vorzustellen. Später führte sie selbst durch mehrere Sendungen des Teplomist. Bei einem der von der Gruppe gemeinsam herausgegebenen Buch (es sind inzwischen sieben Bände - sechs von diesen mit Texten, die seit Russlands vollumfänglichem Krieg gegen die Ukraine entstanden, wurden seit Februar 2022 veröffentlicht!) war sie die Lektorin und Redakteurin, zu einem weiteren Band hat sie das Vorwort verfasst. Sie beteiligt sich am täglichen Format "Danke für den Morgen", in dem jeweils ein Mitglied der Gruppe Lyrik verschiedener Autoren vorträgt und zu Spenden für die Soldaten an der Front ermutigt. Außerdem hat sie an beinahe allen Veranstaltungen der Gruppe in Präsenz teilgenommen, sie ist also eine der tragenden Kräfte der inzwischen über 20 000 Lyrik liebenden Mitglieder starken Gruppe.

 

 

Neuruppin, an der Klosterkirche

 

Hört, wie die Dichterin ihre liebste Jahreszeit zu sich nach Hause einlädt:

 

 

Frau Herbstin! Von den weiten Wegen 

Schaut doch herein zur alten Schwelle. 

Mein Taktgefühl, mein mangelndes, verzeiht, um Gottes Willen! 

Ich liebe Euch … ach, rechnet mir´s nicht zu als Sünde.

 

Und Euer Lachen, chrysantemenfarben-vielfältig, 

Ein Hindernis den schmerzenden Alarmen. 

Frau Herbstin, von den weiten Wegen 

Schaut doch herein zur alten Schwelle!

 

Ich werde Kürbiskuchen backen, 

Vom Felde werd ich Thymian aufgießen - 

Und ringsum wird gar niemand sein, 

Nur ich, nur Sie, nur unser Lachen … 

Frau Herbstin, von den weiten Wegen …

 

Natalia Voytovich 

15.09.2025

 

 

 

 

Beim Übersetzen bleibe ich daran hängen, wie sie sich Gedanken um ihr Taktgefühl macht. Dazu möchte ich mehr erfahren. Ihre Erklärung berührt mich sehr: Sie selbst habe ja nun schon ein gewisses Alter. Die Frau Herbstin hat gewiss jede Menge zu tun und dazu viele Adressen, an denen sie sich dringender sehen lassen muss. Ist es da nicht egoistisch, sie zu sich in Haus zu locken? Doch da sie die Schönheit und Großzügigkeit des Herbstes so sehr liebt, hofft sie darauf, er möge auch ihr Freude bringen.

In der letzten Strophe ihres kunstvollen Rondells malt sie sich aus, wie sie am Tisch mit der Herbstdame in ein heiteres, vertrauliches Gespräch vertieft ist. Den Kürbiskuchen erwähnt sie nicht von ungefähr. Denn außer dem Fakt, dass der Kürbis zu den sehr gesunden Nahrungsmitteln gehört, gilt er auch als Symbol des Herbstes.

Sie wünscht sich, ungestört, mit der Herbstin Zeit verbringen zu können. Denn die Dichterin selbst ist voller Sehnsucht nach Ruhe und Ausgeglichenheit und hofft, am heiteren Lachen des Herbstes teilhaben zu dürfen.

 

 

Neuruppin, Klosterkirche

 

 

Пані Осене! З дальніх доріг 

Зазирніть до старого порога. 

За безтактність пробачте,їй- богу! 

Я люблю Вас… не майте за гріх.

 

Хризантемно- барвистий Ваш сміх — 

Перепона болючим тривогам. 

Пані Осене, з дальніх доріг 

Зазирніть до старого порога!

 

Я спечу гарбузовий пиріг, 

Заварю чебрецю польового — 

І довкола не буде нікого, 

Тільки я, тільки Ви, тільки сміх… 

Пані Осене, з дальніх доріг… 

 

Natalia Voytovich

15.09. 2025

 

 

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